Brief an die Frau Bundesministerin Alma Zadic von Elisabeth Prantner-Hüttinger

Sehr geehrte Frau Bundesministerin,

sehr gut erinnere ich mich noch an den Tag, an dem bekannt wurde, dass Sie nun die Bundesministerin für Justiz werden. Hoffnung, Erleichterung und Zuversicht waren die Gefühle, die ich diesem Moment verspürte.

Sie haben diese Hoffnung und Zuversicht auch bis vor kurzem durch Ihr persönliches und mediales Fürsprechen für uns Gerichtsdolmetscher*innen, mit Ihrem Lob und Ihren Worten, wir seien wichtige Pfeiler des Rechtsstaates, noch verstärkt. Zuletzt anlässlich unseres 100-Jahr Jubiläums. Schöne Worte, leerer Inhalt? Es fällt mir schwer, dies zu glauben, aber dennoch, die Tatsachen, die Sie ja bestens kennen, sprechen für sich.

Wertschätzung ist gut und wichtig, sie sollte sich aber nicht nur in schönen Worthülsen sondern auch in einer angemessenen, dem realen Erwerbsleben entsprechenden Honorierung ausdrücken.

Meine Vorstandskolleg*innen vom ÖVGD, viele der zertifizierten Gerichtsdolmetscher*innen und auch ich, wir sind müde. Müde vom Betteln und vom Lesen vielversprechender Gesetzesentwürfe, die dann plötzlich gar nicht mehr existieren. Müde, an der Nase herumgeführt zu werden, für dumm verkauft zu werden, das „Ministerienringelspiel“ wieder und wieder zu durchleben, nur weil wenige von uns übrig geblieben sind in Österreich, wir keine Lobby haben, keine mächtigen Fürsprecher (wir dachten ja, Sie seien das nun).

Müde vor allem, seit so langer Zeit für so wenig Geld eine so anspruchsvolle Tätigkeit auszuüben. Müde, dass man uns oft diese Ansprüche auch noch in langwierigen Einspruchsverfahren strittig macht, in denen es um ein paar Cent geht.  

Müde und traurig, wenn wir hören, dass wieder eine hoch qualifizierte Kollegin aufhört und sich einen anderen „Job“ sucht, weil es ihr reicht und es sich finanziell nicht mehr ausgeht.

Eigentlich zu müde und zu frustriert, einen Streik vorzubereiten, der unvermeidlich scheint und von unseren Kolleginnen eingefordert wird. Aber dafür werden wir noch unsere letzten Kräfte und unseren ganzen Kampfgeist mobilisieren.

Auch ich bin müde und enttäuscht, jetzt hier zu sitzen und Ihnen, sehr geehrte Frau Bundesministerin, diesen Brief zu schreiben mit dem letzten Fünkchen Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch alles zum Guten wendet.

Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt – aber vorher stirbt wahrscheinlich noch ein ganzer Berufsstand aus.

Mit müden und frustrierten Grüßen

Elisabeth Prantner-Hüttinger

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